Kleine Anfrage: Strukturwandel in der Lausitz – Arbeitsplatzzahlen

Am 6. November 2014 stellte die Landtagsabgeordnete Heide Schinowsky eine kleine Anfrage an die Landesregierung. Die Fragen und Antworten darauf finden Sie hier:

Strukturwandel in der Lausitz – Arbeitsplatzzahlen

Wortlaut der Kleinen Anfrage Nr. 42 vom 06.11.2014: Die nachhaltige Entwicklung der Lausitz liegt im Interesse aller politisch Verantwortlichen in Branden-burg. Erhebliche Differenzen bestehen zwischen den im Landtag vertretenen Parteien jedoch in der Einschätzung, welche politischen Weichenstellungen in diesem Sinne erforderlich sind. Um abschätzen zu können, welche Auswirkungen der bevorstehende Umbau der Energiewirtschaft in der Lausitz auf das Angebot der dort vorhandenen Arbeitsplätze haben kann, sind Regierung und Opposition auf aktuelle Arbeitsmarktzahlen und die sich daraus ergebenden mittel- und langfristigen Trends in der Entwicklung der Wirtschaft in der Region angewiesen. Hilfreich hierfür sind zudem verglei-chende Arbeitsplatzzahlen aus anderen Bereichen, insbesondere der Energiewirtschaft.

Namens der Landesregierung beantwortet der Minister für Wirtschaft und Energie die Kleine Anfrage wie folgt:

Frage 1:

Wie viele Beschäftigte gibt es aktuell im Braunkohleabbau und der Braunkohleverstromung in Brandenburg? Wie viele hiermit in Verbindung stehende indirekte Arbeitsplätze gibt es (bitte nach Bereichen aufschlüsseln)? Wie ist die Entwicklung der entsprechenden Arbeitsplatzzahlen seit dem Jahr 2000? Gibt es für diese Bereiche mittelfristige Prognosen (bis zum Jahr 2030)?

zu Frage 1:

Die amtlichen Statistiken weisen hierzu keine gesonderten Angaben aus. Die Landesregierung stützt sich bei ihrer Einschätzung zur Bedeutung der Braunkohleindustrie im Wesentlichen auf die Studie der Prognos AG (2012) „Untersuchung der energiestrategischen und regionalwirtschaftlichen Auswirkungen der im Rahmen der systematischen Weiterentwicklung der Energiestrategie des Landes Brandenburg untersuchten Szenarien in zwei Leistungspaketen“1. Darin sind für das Basisjahr 2010 sowie für die Jahre 2015, 2020, 2025 und 2030 entsprechende Einschätzungen getroffen worden. Der von Prognos untersuchte Bereich der Braunkohleindustrie umfasst die Felder Braunkohletagebau, Braunkohle-verstromung (nur die von der Vattenfall Europe Generation AG betriebenen Kraftwerke) sowie Forschung, Entwicklung, Planung und sonstige; er ist insofern nicht deckungsgleich mit der Wirtschaftszweigklassifikation der amtlichen Statistik. Durch Prognos wurden für das Leitszenario der „Energiestrategie 2030“ folgende Beschäftigtenzahlen ermittelt:

Jahr  Beschäftigte   davon indirekt Beschäftigte
2010 10200 4030
2015 9270 3510
2020 9430 4110
2025 10360 5180
2030 5890 2160



Für die gesamte Braunkohlewirtschaft (zusätzlich zu den Vattenfall-Kraftwerken auch die Braunkohle-Heizkraftwerke) ergab sich für das Jahr 2010 laut Prognos eine Beschäftigtenzahl von 10.300. 1 (http://www.energie.brandenburg.de/media/bb1.a.2865.de/Expertise-zurEnergiestrategie%20¬Brandenburg_final-120130.pdf.)

Frage 2:

Gibt es Prognosen dazu, wie sich die Zahlen der Arbeitsplätze im Braunkohleabbau bzw. der Braun-kohleverstromung und hiermit in Verbindung stehender indirekter Arbeitsplätze ab dem Jahr 2030 entwickeln könnten, falls die umstrittenen neuen Tagebaue Welzow Süd Teilfeld II und Jänschwalde Nord noch aufgeschlossen werden sollten? Wenn ja, wie lauten diese Prognosen?

zu Frage 2:

Über das Jahr 2030 hinausgehende Prognosen zur Entwicklung der Zahl der Arbeitsplätze im Braunkohleabbau bzw. der Braunkohleverstromung und hiermit in Verbindung stehender indirekter Arbeitsplätze liegen der Landesregierung nicht vor.

Frage 3:

Hält die Landesregierung die Ergebnisse der Untersuchung der IG-Metall Südbrandenburg (siehe „Kampagne für faire Löhne bei Vattenfall-Dienstleistern“, Sommer 2013) für zutreffend, wonach nur knapp ein Drittel der indirekt mit der Braunkohle verbundenen Beschäftigten nach Flächentarif bezahlt werden und die Löhne vieler Vattenfall-Auftragnehmer durch Leiharbeit oder Auftragsvergabe an Sub-Unternehmen gedrückt werden? Welche ggf. abweichenden Zahlen hat die Landesregierung hierzu?

zu Frage 3:

Der Landesregierung liegen keine konkreten Angaben zu den Unternehmen vor, die für Vattenfall Dienstleistungen erbringen. Insofern kann sie die genannten Untersuchungsergebnisse nicht kommentieren. Prinzipiell spricht sich die Landesregierung für eine hohe Tarifbindung von Unternehmen als wichtige Voraussetzung für angemessene und faire Löhne aus.

Frage 4:

Welchen Anteil am Konzernumsatz haben der Braunkohleabbau und die Braunkohleverstromung innerhalb von Vattenfall Deutschland?

zu Frage 4:

Im Geschäftsbericht 2011 der Vattenfall Europe AG (seit der Umstrukturierung 2012 „Vattenfall GmbH“) werden Umsatzerlöse i. H. v. ca. 11 Mrd. Euro ausgewiesen, davon entfielen 9,4 Mrd. Euro (86 %) auf das Stromgeschäft. Eine Unterteilung nach den jeweils eingesetzten Energieträgern ist nicht ausgewie-sen. Im Geschäfts- und Nachhaltigkeitsbericht 2013 der Muttergesellschaft Vattenfall AB werden für das Marktgebiet Deutschland Umsatzerlöse i. H. von ca. 15 Mrd. Euro ausgewiesen. Eine Unterteilung nach Energieträgern oder Geschäftsfeldern ist auch hier nicht ausgewiesen.

Frage 5:

Wie viele Arbeitsplätze bei Vattenfall in Brandenburg sind direkt mit der Braunkohle verbunden?

zu Frage 5:

Laut der Prognos-Studie waren im Jahr 2011 bei Vattenfall in Brandenburg ca. 6.100 Arbeitsplätze direkt mit der Braunkohle verbunden.

Frage 6:

Wie viele direkte und indirekte Arbeitsplätze stehen derzeit mit der bestehenden bzw. geplanten Förderung von Erdöl und Erdgas in Verbindung und wie viele neue Arbeitsplätze in diesen Bereichen werden bis Ende 2015 erwartet?

Frage 7:

Nationale wie auch internationale Unternehmen haben sich derzeit in Brandenburg 18 Felder zur Förderung von Erdöl bzw. Erdgas gesichert (Bergbauberechtigung für Kohlenwasserstoffe). Die Landesregierung begründete die Befreiung von der Förderabgabe mit der Unterstützung eines Aufbaus der Industrie für neue Erdöl- und Erdgasvorkommen. Gibt es Prognosen, wie viele direkte und indirekte Arbeitsplätze mit der bestehenden bzw. geplanten Förderung von Erdöl und Erdgas ab dem Jahr 2030 in Verbindung stehen werden? Wenn ja, wie lauten diese Prognosen?

zu den Fragen 6 und 7:

Insgesamt fünf Unternehmen verfügen in Brandenburg über bergrechtliche Erkundungsgenehmigungen. Die Gewinnung von Kohlenwasserstoffen erfolgt derzeit nur am Altstandort Kietz im Landkreis Märkisch-Oderland. An diesem Förderstandort hat die GDF Suez gegenwärtig 13 direkte Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen beschäftigt. Weitere zwei direkte Arbeitsplätze vor Ort wurden im Zusammen-hang mit den laufenden Erkundungsarbeiten durch die Bayerngas GmbH im Bürgerbüro in Beeskow geschaffen. Durch die darüber hinaus in Brandenburg tätigen Firmen wurden bisher keine direkten Arbeitsplätze geschaffen. Indirekte Arbeitsplätze ergeben sich durch die Vorleistungsbezüge von Unternehmen aus der Region für deren mit den Erkundungsaufgaben zusammenhängende Arbeiten. Da sich die laufenden Vorhaben im Erdöl-/Erdgassektor derzeit noch im Erkundungsstadium befinden, lässt sich nicht seriös einschätzen, ob es zur Aufnahme späterer Gewinnungstätigkeiten kommt und welche Größenordnung damit verbunden ist. Aussagen zur langfristigen direkten bzw. indirekten Arbeitsplatzsituation im Erdöl-/Erdgassektor in Brandenburg sind daher nicht möglich.

Frage 8:

Wie viele Beschäftigte gibt es derzeit in Brandenburg im Bereich erneuerbarer Energien? Wie viele indirekte Arbeitsplätze stehen in Brandenburg mit den erneuerbaren Energien in Verbindung?

zu Frage 8:

Hierzu wird auf das Forschungsvorhaben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie „Erneuer-bar beschäftigt in den Bundesländern: Bericht zur aktualisierten Abschätzung der Bruttobeschäftigung 2013 in den Bundesländern“ verwiesen. Danach konnten im Jahr 2013 in Brandenburg 17.580 Arbeits-plätze der Herstellung von Anlagen zur Nutzung Erneuerbarer Energien, ihrem Betrieb und ihrer Wartung, der Bereitstellung von Biomasse und Biokraftstoffen sowie den Vorleistungsindustrien zu diesen Branchen zugeordnet werden. Eine Differenzierung nach direkten und indirekten Beschäftigten liegt der Landesregierung nicht vor.

Frage 9:

Gibt es Prognosen dazu, wie viele direkte und indirekte Arbeitsplätze in Brandenburg mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien ab dem Jahr 2030 in Verbindung stehen könnten? Wenn ja, wie lauten diese Prognosen?

zu Frage 9:

Prognosen für den Zeitraum nach 2030 sind der Landesregierung nicht bekannt. Die der Landesregie-rung vorliegenden Untersuchungen der Prognos AG (2012), des Instituts für Ökologische Wirtschafts-forschung (IÖW, 2012) sowie der Gesellschaft für Wirtschaftliche Strukturforschung (GWS, 2014) beziehen sich allesamt auf den Zeitraum bis zum Jahr 2030. In der jüngsten Studie der GWS wird darauf hingewiesen, dass aufgrund der Unsicherheiten des neuen EEG 2014 selbst für die nähere Zukunft keine hinreichend verlässlichen Prognosen zum weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien und zu den damit verbundenen Beschäftigungseffekten abgegeben werden können.


  Hier können sie sich die kleine Anfrage als pdf anschauen oder herunterladen: KA 42 Zuleitung LT Anwort