Ein mit Spannung erwartetes Gutachten vom Brandenburger Landesbergamt zum Pinnower See wurde am Montag während der Umweltausschuss-Sitzung vom Landkreis Spree-Neiße in Forst/Lausitz vorgestellt. Vor der Sitzung setzten etwa 20 Vertreter:innen der Siedlergemeinschaften, dem Umweltnetzwerk Grüne Liga, B‘90/ Grüne sowie von der Kirchengemeinde Guben ein Zeichen gegen den Untergang ihres Sees. Auf Bannern forderten sie „Pinnower See retten“. Trotz einer behördlichen Anordnung zur Wassereinleitung sinkt der Wasserspiegel des Pinnower Sees stetig. Einer der drei Kessel steht nach Einschätzung der Anrainer kurz vorm Umkippen.
Die aktuelle Untersuchung brachte jedoch weder neue Zahlen noch eine Lösung für den massiven Wasserverlust des beliebten Sees in der Nähe des Tagebaus Jänschwalde. Ohne Untersetzung durch konkrete Zahlen sollen laut dem Gutachten vor allem die klimatischen Veränderungen Grund für den massiven Wasserverlust sein. Seit Jahren sinkt der Grundwasserspiegel und daher auch der Wasserspiegel des Pinnower Sees. Zudem fließe das Seewasser in den wasserdurchlässigen Sand- und Kiesablagerungen im südlichen und östlichen Überbereich vermehrt in den oberflächennahen Grundwasserleiter ab. Den Auswirkungen der großräumigen Grundwasserabsenkung vom nur wenige Kilometer entfernten Tagebau Jänschwalde wurde vom Bergamt – auch ohne Konkretisierung – nur ein geringer Einfluss zugeschrieben.
Wie schon 2018 durchqueren derzeit wieder Klimapilger die Lausitzer Braunkohleregion, um mit den Menschen entlang der Strecke in Kontakt zu kommen. Einen Teil des Weges begleitete die Lausitzer Bündnisgrüne Heide Schinowsky aus Jänschwalde. Neben dem Kohleausstieg 2030 und den umstrittenen Plänen zur Errichtung einer riesigen Müllverbrennungsanlage am Kraftwerksstandort Jänschwalde war vor allem der Schutz und Umgang mit dem „kostbaren Gut Wasser“ ein Thema auf der Pilgerstrecke. „Der Klimawandel wird in der Lausitz voll durchschlagen. Die letzten drei Dürrejahre waren untrügliche Vorboten“, sagt die Kreisvorsitzende der Bündnisgrünen von Spree-Neiße Heide Schinowsky.
„Die Vorgaben für den Umgang mit ehemaligen Tagebauen müssen grundsätzlich reformiert werden“, fordert die Jänschwalderin. Probleme mit der Wasserqualität sowie die Sicherheit der Lausitzer Tagebaukippen waren bei der Etablierung der Bergbausanierung nach der Wende nachrangig, werden heute aber immer wichtiger. „Die Regularien hierfür sind auf dem Stand der Neunziger Jahre stehengeblieben. Wir brauchen nun eine grundlegende Novellierung sowie einen Masterplan für die Bergbausanierung 2.0“, regte Schinowsky an. Im Falle einer Regierungsbeteiligung ab dem Herbst wollen sich die Lausitzer Bündnisgrünen für eine entsprechende Passage im Koalitionsvertrag einsetzen.
Trotz Einleitung von Grundwasser sinkt der Wasserstand vom Pinnower See auch weiterhin dramatisch. Verursachen die Anrainer den Wasserverlust des Sees im Umfeld des Tagebaus Jänschwalde, wie es jüngst von Behördenseite hieß? Dieser Frage gingen Vertreter der Lausitzer Bündnisgrünen, der Kirchengemeinde Guben, der Siedlergemeinschaft sowie ein Kreistagsabgeordneter am Mittwoch in einem Live-Experiment nach.
Mit einem maßstabsgerechten Modell wurden die bergrechtlich angeordnete Wassereinleitung des Bergbaubetreibers, der Wasserverlust des letzten Jahres sowie der Wasserverbrauch der Siedler veranschaulicht bzw. ins Verhältnis gesetzt: Die innerhalb eines Jahres eingeleitete Wassermenge entspricht bezogen auf die Seefläche einer Wasserhöhe von ca. 1,40 m. Der Wasserstand des Sees hat sich jedoch nicht erhöht, sondern liegt inzwischen sogar niedriger als vor Beginn der Maßnahme . Der Wasserverbrauch durch die See-Anrainer entspricht nach konservativen Schätzungen in etwa einer Wasserhöhe von 31 mm. Dem Wasserverlust von über 1,40 Meter stehen somit 31 mm Wasserverbrauch der Anrainer gegenüber.
Das rapide Sinken der Wasserstände von Seen im Umfeld des Tagebaus Jänschwalde konnte durch die Zuleitung von Grundwasser zwar abgemildert werden; aber die aktuellen Stände sind teilweise noch erheblich von den für dieses Frühjahr festgelegten Ziel-Wasserständen entfernt. Besonders dramatisch sieht die Situation am Pinnower See aus. Der beliebte Ausflugssee im Landschaftsschutzgebiet ist mittlerweile dreigeteilt. Wasser wird aktuell nur in den östlichen Kessel eingeleitet. Die Hoffnung, dass sich das Wasser verteilt, hat sich nicht erfüllt.
Statt sich jedoch an den Bergbaubetreiber als einen der maßgeblichen Verursacher zu wenden, sollen jetzt die Anlieger mit ihren Wochenendhäuschen im Wasserverbrauch eingeschränkt werden. „Dass solch ein Vorhaben zum Protest der Anrainer führt, ist nicht verwunderlich. Unklar ist, ob die Maßnahme zum Erfolg führen kann. Dieser Frage wollen wir auf dem Grund gehen“, sagt die Strukturwandelexpertin der Lausitzer Bündnisgrünen Heide Schinowsky. Zusammen mit Kreistagsabgeordneten aus Spree-Neiße, Vertretern der Kirchengemeinde Guben und der Siedlergemeinschaft am Pinnower See soll der Wasserverlust anschaulich verdeutlicht werden. Der seit Jahren aktive Kreis der Kritiker wird mit Dipl.-Ing Markus Pichlmaier von der Firma ideengruen am kommenden Mittwoch am Einlaufbauwerk Pinnower See ein Live-Experiment starten. Dazu wird auf öffentlich zugängliche Daten zu Wasserverlust und Zufluss am Pinnower See zurückgegriffen.
Die Sanierung der Tagebaurestlöcher Heide V und Heide IV muss mit Priorität vorangetrieben werden. Das forderten am Montag Vertreter von Lausitzer Bündnisgrünen aus Sachsen und Brandenburg. Bei einer Vor-Ort-Begehung zusammen mit dem sächsischen Umweltstaatssekretär Dr. Gerd Lippold und Winfried Böhmer vom Aktionsbündnis Klare Spree informierten sich die Teilnehmer über die Gefahren durch das verseuchte Wasser in der Region an der Landesgrenze zwischen Brandenburg und Sachsen. Insbesondere im Tagebaurestloch Heide V gibt es erhebliche Konzentrationen von im Wasser gelösten Schwermetallen. Es wurden vom Sächsischen Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie alarmierende Werte von Arsen, Vanadium und Fluorid (Flusssäure) gemessen. Verursacht wurde die hohe Schadstoff-Belastung durch die langjährige Einbringung von Industrieabfällen. Aus der ehemaligen Aluminiumhütte "Lautawerk" waren zu DDR-Zeiten Industrieabfälle eingeleitet worden.
Das Sanierungsgebiet der Tagebaurestlöcher Heide V und Heide VI an der Landesgrenze von Brandenburg und Sachsen gehört zu den großen Sanierungsherausforderungen der Lausitzer Bergbaufolgelandschaften. Monitoringberichten zufolge weist der Wasserkörper im Restloch Heide V erhebliche Konzentrationen von im Wasser gelösten Schwermetallen auf. Zudem werden alarmierende Werte von Arsen, Vanadium und Fluorid gemessen, der ph-Wert liegt bei 12 und höher. Die Dringlichkeitswerte gemäß Sächsischem Landesamt für Umwelt Landwirtschaft und Geologie werden im Wasserkörper des Restlochs Heide V für Arsen um das 22-fache und für Vanadium um das 143-fache überschritten (Stand Juni 2019).
Verursacht wurde die hohe Schadstoff-Belastung durch die langjährige Einbringung von Industrieabfällen des Aluminiumwerks Lauta. Vor allem Heide V ist zur Verfüllung genutzt worden. Aus der ehemaligen Aluminiumhütte "Lautawerk" waren zu DDR-Zeiten kontinuierlich Industrieabfälle in Form von Rotschlamm eingeleitet worden.