Heide Schinowsky

Rede zum Bericht der Landesregierung „Stärkung der Wachstumskräfte durch räumliche und sektorale Fokussierung von Landesmitteln - Stärkung der Regionalen Wachstumskerne“

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, unter dem Motto „Stärken stärken“ hatte die Landesregierung im November 2005 15 sogenannte Regionale Wachstumskerne bestimmt und der Wirtschaftsförderung in Brandenburg damit eine neue Richtung gegeben. Anlass waren geringer werdende Mittel von Bund und EU und sowie Herausforderungen wie der demographische Wandel und die unterschiedliche Entwicklung in den Regionen. Im Kern der Debatte heute steht nun die Frage: Wie erfolgreich ist dieses Konzept wirklich? Nimmt man den jüngsten Bericht des Bundeswirtschaftsministeriums zum Stand der deutschen Einheit als Maßstab, wird uns in Brandenburg der seit Jahren stabile Rückstand zum Westen bestätigt. Und der nun vorgelegte 15. Bericht der Interministeriellen Arbeitsgruppe Integrierte Standortentwicklung gibt leider keine Antwort auf die Frage, warum Brandenburg auch gegenüber den westdeutschen Flächenländern nicht aufholt.

Eine gewisse Entwicklung ist in den betrachteten RWK-Zentren zwar erkennbar, aber inwiefern diese Entwicklung auf den RWK-Prozess zurückzuführen ist, lässt sich kaum darstellen. Von entscheidender Bedeutung für die Entwicklungschancen sind vielmehr die gegebenen Rahmenbedingungen, wie z. B. die Speckgürtel-Lage oder Berlinferne, bereits vorhandene Unternehmen und nicht zuletzt die Kreativität und Durchsetzungsstärke der Akteure vor Ort. Vor diesem Hintergrund befürworten wir Herrn Homeyers Vorschlag zur Hinzuziehung eines Referenzstandards. Im Bericht hingegen werden positive Entwicklungen in den Wachstumskernen weitgehend mit dem RWK-Prozess begründet. Beim genaueren Hinsehen zeigt sich jedoch, dass es die hier postulierte Konzentration der Wirtschaftsförderung auf die Wachstumskerne so nicht gibt. Das hat uns der Wirtschaftsminister im letzten Ausschuss auch bestätigt. Was passiert denn konkret? Es handelt sich hierbei nur um einen Beratungsservice und zwei klitzekleine Förderprogramme – das Regionalmanagement und das Regionalbudget. Und was sind laut aktuellem Bericht die neuen Projekte im RWK-Prozess? Das sind genau drei – Herr Homeyer hat sie genannt – von denen genau eins, nämlich die Erschließung einer Gewerbefläche im Wissenschaftspark Potsdam-Golm den Hauch von innovativer Wirtschaftsförderung in sich trägt. Auf der anderen Seite stehen die vielen Klein- und Kleinstunternehmen, die Start-up´s, die Menschen, die aus Berlin auf´s Land ziehen und sich dort eine neue Existenz aufbauen wollen – und leider kaum Unterstützung finden. Die im Koalitionsvertrag angekündigte ressortübergreifende Gründungs- und Unternehmensnachfolge-Strategie steht weiter aus – heute haben wir gehört, dass es da Anfang kommenden Jahres vorangehen soll; erfahrenes Personal zur Umsetzung der Gründungsberatung auch an den Hochschulen wandert ab; entsprechende Strukturen werden nicht dauerhaft finanziert. Der hier vorgelegte Bericht zur Entwicklung der Wachstumskerne ist zur Beurteilung der Wirtschaftsförderung in Brandenburg eher nebensächlich. Ein Blick in den Haushaltsplanentwurf für die beiden kommenden Jahre zeigt, dass auch keine signifikante Änderung der Wirtschafts- und Industriepolitik beabsichtigt ist. Mit den klassischen, seit vielen Jahren praktizierten Instrumenten soll es also auch in Zukunft weiter gehen. Einige Haushaltstitel, die innovative oder technologieorientierte Projekte betreffen, werden sogar vom Wirtschaftsministerium mit der Begründung gekürzt, es sei kein höherer Bedarf zu erwarten. Mit einem einfachen Weiter-So laufen wir jedoch in Brandenburg Gefahr, absehbar wirtschaftlich den Anschluss an den Durchschnitt der Bundesländer auch weiterhin nicht zu erreichen. Wir fordern daher einerseits, kleine Unternehmen, start-up´s und sozial innovative Projekte besser zu fördern und zu begleiten. An der derzeitigen Förderpraxis scheitern diese eigentlich so wertvollen Projekte leider reihenweise. Zudem und vor allem bedarf es einer wirklichen Konzentration der Mittel auf Schwerpunkte. Das können sowohl regionale als auch thematische Schwerpunkte sein. Regional zum Beispiel in der Lausitz, wo wir einen entsprechenden Förderfonds vorgeschlagen haben. Aber auch thematische Schwerpunkte wären sinnvoll. Die Clusterstrategie ist leider durch die viel zu große Anzahl der dort ausgewählten Cluster keine Schwerpunktsetzung. Wenn Brandenburg nicht dauerhaft bei gut der Hälfte des westdeutschen Bruttoinlandsproduktes verharren soll, muss hier schleunigst nachgearbeitet werden. Vielen Dank.

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