Auf einer Mitgliedsversammlung des Vereins Menschenrechtszentrum Cottbus e. V. (MRZ) wurde Heide Schinowsky am Sonnabend mit großer Mehrheit als neue geschäftsführende Vorsitzende und Gedenkstättenleiterin gewählt. Dieter Dombrowski als Vorsitzender und die weiteren Vorstandsmitglieder wurden auf der Versammlung für drei Jahre wiedergewählt; die ehemaligen Häftlinge bilden damit weiterhin die Mehrheit im Vorstand.
Die 46-Jährige gebürtige Brandenburgerin lebt heute in Jänschwalde und war von 2014 bis 2019 als bündnisgrüne Landtagsabgeordnete für die Aufarbeitung von DDR-Unrecht verantwortlich. Schinowsky folgt der langjährigen Leiterin Sylvia Wähling, die seit 2010 mit der Leitung der renommierten Gedenkstätte im ehemaligen Cottbuser Zuchthaus betraut war.
"Hinter dem Verein liegen viele Jahre intensiver Aufbauarbeit. Und es ist kaum mehr vorstellbar, was ohne das unglaubliche Engagement des Vereins und insbesondere von Sylvia Wähling aus diesem Ort geworden wäre. Nun ist es sowohl ein Ort des Gedenkens an erlittenes Unrecht als auch ein Stätte, in der aktiv für die Einhaltung der Menschenrechte gearbeitet wird", sagte Schinowsky am Sonnabend am Samstag vor ehemaligen Häftlingen.
Erstmalig werden die Ereignisse im ehemaligen „Kindergefängnis Bad Freienwalde“ in einer Ausstellung aufgearbeitet. Unter dem Titel „Lebenslänglich Heimkind“ werden auf Informationstafeln Hintergründe erläutert. In Video-Installationen berichten ehemalige Insassen über ihre ganz persönlichen Eindrücke aus dieser bedrückenden Zeit. Zu der Eröffnung der Ausstellung am 4. September im Bad Freienwalder Jugendclub „OFFI“ kamen über 50 Zeitzeugen, Interessierte und Vertreter der Politik zusammen. Neben den ehemaligen inhaftierten Kindern und Jugendlichen waren auch die Landesaufarbeitungsbeauftragte Dr. Maria Nooke, die Leiterin der Brandenburgischen Landeszentrale für Politische Bildung Martina Weyrauch, der Bad Freienwalder Bürgermeister Roland Lehmann, sowie Heide Schinowsky, Parteiratsmitglied von Bündnis 90/Die Grünen Brandenburg, sowie die Landtagsabgeordneten Kristy Augustin (CDU) und Elske Hildebrandt (SPD) bei der Eröffnung.
Die Landesaufarbeitungsbeauftrage Maria Nooke wies darauf hin, dass es viele problematische Einrichtungen zur Kindererziehung in der DDR gab, aber wenig daran erinnert werde. Es sei ein „Meilenstein der Aufarbeitung“, lobte Nooke die Ausstellung der Kuratoren Karsten Herold und Jens Scherer vom Förderverein für demokratische Medienkultur. Vor dem Hintergrund der Einheitsfeiern in Potsdam mahnte Roland Herrmann, Vorsitzender des Opfervereins „Kindergefängnis Bad Freienwalde“: „Wir sind auch ein Teil der Geschichte. Auch nach 30 Jahren werden wir nicht müde, die Zustände anzuprangern. Das was wir erdulden mussten, darf sich niemals wiederholen“.
Bei einem Gesprächsabend im Cottbuser Stadtmuseum diskutierten Cottbuserinnen und Cottbuser mit dem Bundesgeschäftsführer der Bündnisgrünen Michael Kellner, der aufarbeitungspolitischen Sprecherin der bündnisgrünen Landtagsfraktion Heide Schinowsky und dem Historiker Ilko-Sascha Kowalczuk über dessen neues Buch „Die Übernahme: Wie Ostdeutschland Teil der Bundesrepublik wurde“.
In der Debatte um den Umgang mit der jüngeren Geschichte hat Schinowsky am Donnerstagabend in Cottbus die Öffnung der Treuhand-Akten gefordert. „Die Akten der Treuhand sollten schnellstmöglich als offene Daten einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, um aufgearbeitet werden zu können“, sagte die Landtagsabgeordnete. Zudem bestehe erheblicher Forschungsbedarf: „Die zeitgeschichtliche Forschung sollte deutlich erweitert werden, um diese Fragen systematisch bearbeiten zu können.“ Derzeit befasst sich das Leibnitz-Institut für Zeitgeschichte München mit der Treuhandanstalt.
Zur ersten öffentlichen Gerichtsverhandlung in einem Rehabilitationsverfahren eines ehemaligen Insassen des DDR-Kindergefängnisses Bad Freienwalde sagt die aufarbeitungspolitische Sprecherin der bündnisgrünen Landtagfraktion Heide Schinowsky:
"Vor dem Hintergrund der weitgehenden Kritik des Bundesverfassungsgerichts an einem Brandenburger Rehabilitationsverfahren und nach dem öffentlichen Aufschrei ehemaliger Insassen ist der Paradigmenwechsel beim aktuellen Verfahren ein folgerichtiger Schritt. Es ist von großer Bedeutung, nicht nur nach Aktenlage und zudem nach persönlicher Anhörung sowie Zeugenbefragungen zu entscheiden. Die zumeist abschlägig erteilten Urteile waren für die Betroffenen ein herber Schlag - oft verbunden mit Zweifeln am heutigen Rechtsstaat. Ich hoffe, dass öffentliche Verhandlungen in solchen Fällen von der Ausnahme zur Regel werden."
Zum heute u.a. vom Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (BStU) Roland Jahn vorgestellten Konzept zum zukünftigen Umgang mit Stasi-Akten sagt die aufarbeitungspolitische Sprecherin der bündnisgrünen Landtagsfraktion Heide Schinowsky:
„Der Kampf um den Erhalt eines Brandenburger BStU-Standortes hat sich gelohnt. Es soll nun in allen ostdeutschen Bundesländern ein Archiv-Standort bestehen bleiben. Erst nach Intervention der bündnisgrünen Fraktion und der Herbeiführung eines entsprechenden fraktionsübergreifenden Landtagsbeschlusses konnte die Schließung der einzigen Brandenburger BStU-Außenstelle abgewendet werden. Neben der dauerhaften archivgerechten Unterbringung und Nutzung der Stasi-Unterlagen ist es für Brandenburg ein zentrales Anliegen, die gesicherten Akten als Symbol der friedlichen Revolution zu erhalten.
Geklärt werden muss nun die Standortfrage: Roland Jahn hatte hierfür neben Frankfurt (Oder) auch Cottbus ins Gespräch gebracht. Das Land muss jetzt konzeptionell unterfüttern, wie die BStU als zentraler Anker in der Gedenkstätten-Landschaft bzw. als Standort der politischen Bildung und Demokratie-Arbeit in Brandenburg gestärkt werden könnte und ob hierfür auch zwei Standorte in Frage kämen.“
Der Brandenburger Landtag will sich im November-Plenum für den Verbleib der Akten des ehemaligen DDR-Staatssicherheitsdienstes in Brandenburg aussprechen. Auf Initiative der bündnisgrünen Landtagsfraktion wurde dafür heute ein fraktionsübergreifender Antrag vorgelegt. Laut bisherigem Konzept von Roland Jahn, dem Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes (BStU), ist vorgesehen, dass es im Land Brandenburg zukünftig - als einzigem der sechs ostdeutschen Bundesländer - keine BStU-Außenstelle mehr geben soll, da sich Berlin als zentraler Archivstandort anbiete.