Frau Präsidentin Werte Kolleginnen und Kollegen, Stichwort: VORBILD Deutschland von Holzschuher Kollege Holzschuher und ich haben uns vorgestern mit us-amerikanischen Politikern getroffen und mit ihnen über Energiepolitik diskutiert: Dabei haben wir erstaunlich große Übereinstimmung zur Energiewende in Brandenburg konstatiert. Das ist bei unseren Diskussionen hier im Plenum bisher nicht so aufgefallen und war vielleicht auch gespeist von seinen Eindrücken von seiner China-Reise, wo er vermutlich auch einiges über die CO2-Spar-Aktivitäten der Chinesen gehört hat. Und um kurz bei Chinas Energiewende-Aktivitäten zu bleiben: Ministerpräsident Woidke berichtete gestern abend von einem wichtigen brandenburger Energiewende-Export nach China: Dort wird nämlich jetzt nach dem Vorbild des Hybridkraftwerks in Prenzlau ein weitaus größeres Speicherkraftwerk errichtet werden. Das belegt einmal mehr: Die Zeiten, in denen CO2-Emissionen in China keine Rolle spielten, sind vorbei.
Aber zurück nach Brandenburg: Erstmals habe ich gestern von Ministerpräsident Woidke eine Jahreszahl für das Ende der Kohleverstromung bei uns gehört: nämlich 2050. Ob das allerdings realistisch ist, wird sich zeigen. Vermutlich geht's schneller. Ihr Koalitionspartner möchte jedenfalls, dass es schneller geht, nämlich bis 2040. Welche Jahreszahlen Bundeskanzlerin Merkel vorschweben, weiß vermutlich niemand so genau, vielleicht nicht mal sie selbst. Ebenso wie Bundeswirtschaftsminister Gabriel hat sie jedoch eine andere Zahl im Kopf: nämlich 22 Millionen Tonnen CO2-Einsparung bis 2020. Und das impliziert den Beginn des Auslaufens der Braunkohle auch hier bei uns in Brandenburg. Über das Ausstiegstempo und noch viel mehr über die geeigneten Instrumente wird gerade noch heftig gestritten. Zu den Verhandlungen auf Bundesebene will ich gar nicht viel sagen. Vielleicht nur das eine: Gehen wir mal davon aus, dass der Kollege von Vattenfall, der uns gestern beim parlamentarischen Abend begrüßte, Recht hat, als er sagte: Die Klimaabgabe ist nicht vom Tisch. Klar ist - das weiß sogar die IGBCE - das Ende der Kohleverstromung rückt näher. Das ist auch eine zentrale Botschaft des G7-Gipfels, der zu Beginn dieser Woche unerwartet starke Signale in Richtung Klimaschutz ausgesandt hat: Erstmals bekennen sich die sieben Industriestaaten zu einer vollständigen Abkehr von klimaschädlichen Gasen. Im Laufe dieses Jahrhunderts soll die Weltwirtschaft klimaneutral werden. Diese "Dekarbonisierung" war lange umstritten, sie fasst erstmals das bisherige Zwei-Grad-Ziel in eine konkrete Form. Umso mehr steht unsere Bundesregierung nun unter Erfolgsdruck, diese Ziele auch konkret zu untersetzen. Wenn wir hier über die Braunkohle diskutieren, sprechen wir indirekt auch immer über Flüchtlinge. Diese Einschätzung ist wahrscheinlich erklärungsbedürftig. Herr Schellnhuber, der Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung wies jüngst darauf hin, was es bedeuten würde, wenn wir das Zwei-Grad-Ziel nicht erreichen, sondern es stattdessen zu einer Erwärmung von 4 bis 5 Grad kommt: Er sagte: "In Afrika leben heute gut eine Milliarde Menschen, gegen Ende des Jahrhunderts könnten es rund drei Milliarden sein. Diese stark wachsende Bevölkerung würde in einer Vier-Grad-Welt nicht genug Nahrung erzeugen können, unter anderem weil mit dem Regenwald vielerorts auch die dünne Schicht fruchtbaren Bodens verschwände und sich zugleich der Wasserkreislauf veränderte. Afrika geriete regelrecht in einen Schraubstock." Die Konsequenz wäre eine drastische Zunahme der Zahl der Klimaflüchtlinge. Und Schellnhuber machte den dringenden Handlungsbedarf deutlich - und zwar jetzt und nicht erst in 10 Jahren: "Es wird schwierig, die Zwei-Grad-Linie zu halten. Und es wird umso schwieriger, je länger die Mehrheit der Politiker weltweit zaudert. Warten die Entscheider und ihre Wähler tatsächlich weitere zehn Jahre, dann wird die Zwei-Grad-Brandmauer wohl zur Filmkulisse verkommen." Was heißt das für uns in Brandenburg? Dass wir konstruktiv an den Instrumenten zum Auslaufen der Braunkohleverstromung mitarbeiten sollten und dass wir uns schleunigst um Alternativen zur Kohle kümmern müssen:
Entsprechende Forderungen mehren sich auch aus der Lausitz:
Wir haben vor diesem Hintergrund die Einrichtung eines Lausitzfonds gefordert. Unterstützung dafür hat übrigens auch unser Cottbuser Oberbürgermeister Kelch signalisiert. Er schrieb: "Die Pläne der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, mit einem Lausitzfonds den Strukturwandel aktiv zu gestalten, begrüße ich sehr. Dessen Ziel Beschäftigte für neue Aufgaben zu qualifizieren, die kommunale Infrastruktur zu stärken und die Wirtschaft bei einer nachhaltigen Ausrichtung zu unterstützen, ist der richtige Weg." Der Lausitzfonds ist ganz sicher nicht die Antwort auf alle Fragen, aber ein erster wichtiger Schritt. Und hieran werden wir weiterarbeiten. Und damit bin ich auch schon mittendrin im Thema Wirtschaft. Gerade in der Lausitz, wo es vielversprechende industrielle Kerne gibt, ist die Botschaft, die die Landesregierung hier aussendet, also das "weiter so" fatal. Alle wissen doch, es wird nicht so weiter gehen. Anstatt vom Aufbruch, redet unsere Landesregierung aber vom Stillstand. Es muss aber jetzt darum gehen, mit den Menschen in Lausitz zusammen die Weichen für die Zeit nach der Kohle zu stellen. Was wir brauchen, sind dauerhaft erfolgreiche industrielle Kerne in der Lausitz. Das aber geht heutzutage nur noch mit Innovationen und international stark vernetzen Unternehmen. Hieran aber mangelt es der Brandenburger Industrie schon von Anfang an. Im Fall der Lausitz sollte auch der Bund mit ins Boot geholt werden. Wir wollen anwendungsorientierte Forschungseinrichtungen, zum Beispiel ein Institut der Fraunhofer Gesellschaft, in der Lausitz ansiedeln. Wir wollen, dass hier in großem Stil die Produkte und Dienstleistungen von morgen entwickelt und getestet werden können. Dazu müssen Kooperationen mit der BTU und mit den ansässigen Unternehmen entstehen. Das alles braucht eine Koordination und viel Zeit zur Vorbereitung. Als Abgeordnete für die Lausitz werden Sie mir sicher nachsehen, dass ich hier so einen großen Schwerpunkt setze. Aber schauen wir aufs ganze Land: Im Vergleich zu den meisten anderen Bundesländern ist die brandenburgische Wirtschaft immer noch schwach internationalisiert. Dies zeigt sich insbesondere in der relativ niedrigen Auslandsumsatzquote der brandenburgischen Industrieunternehmen sowie in einer ebenfalls relativ niedrigen Exportquote. Brandenburg liegt bei diesen Indikatoren im Vergleich der Bundesländer immer noch regelmäßig auf einem der hinteren Plätze. Ein Grund hierfür ist die starke Zurückhaltung vieler KMU bei außenwirtschaftlichen Aktivitäten. Viele KMU haben nicht die personellen und finanziellen Ressourcen, um eigenständig Konzepte für die Markterschließung im Ausland zu entwickeln oder entsprechende Beratungsleistungen einzukaufen. Für die internationale Markterschließung ist oftmals eine lange Vorbereitungsphase erforderlich bzw. es können mehrere Jahre vergehen, bis ein Projekt vom Erfolg durch einen Geschäftsabschluss gekrönt wird. Gerade aufgrund ihrer begrenzten Ressourcen haben KMU hierfür oftmals nicht den Durchhaltewillen oder die Durchhaltefähigkeit. Darüber hinaus fehlen häufig Erfahrung und Marktübersicht, was eine große Hemmschwelle dafür darstellt, Markterschließungsaktivitäten überhaupt in Angriff zu nehmen. Das alles ist nicht neu und stand schon im Bericht zum Stand der Evaluierung des Außenwirtschaftskonzeptes unserer Landesregierung aus dem Jahr 2012 und auch im Bericht zur Evaluation der vergangenen EU-Förderperiode. Im Haushalt schlagen sich solche Erkenntnisse jedoch im Allgemeinen nicht nieder. Für den Bereich "Markterschließung und Außenwirtschaft" steigen die Haushaltsansätze von 1,3 Mio. im Jahr 2014 auf 1,8 Mio. in diesem und dem nächsten Jahr. Die Haushaltansätze zur Beratung und Betreuung von Unternehmen sind insgesamt bescheiden. Investitionsförderung, also der Bau von Lagerhallen, Parkplätzen oder Produktionsanlagen werden hingegen jedes Jahr mit dreistelligen Millionenbeträgen gefördert. Es ist eben nicht so, wie Kollege Barthel eben dargestellt hat, dass die Technologieförderung der größte Posten im Kapitel Wirtschafts- und Strukturförderung ist, schön wär´s. Nein, mit über 120 Mio. EUR werden Unternehmen, in aller Regel auch nicht KMU, sondern Rolls Royce, Takeda und Mercedes verwöhnt. Dem hat die EU jetzt mit strengeren Regeln zwar versucht bei zu kommen, aber ich bin mir sicher, das sich an dieser Praxis in Brandenburg nichts grundlegendes ändern wird. Die Meisten Gelder werden auch nach wie vor in Form von Zuschüssen vergeben, die auch vom Kollegen Barthel so gelobte Umstellung auf Darlehen bleibt bescheiden. Das gültige Außenwirtschaftskonzept ist übrigens immer noch von 2008. Änderungen seien aber in den neuen Richtlinien berücksichtigt worden, hieß es auf Nachfrage beim MWE. Immerhin, aber wie weit kommt man damit? Wir wissen doch alle: die Wahrheit steht im Haushaltsplan. Mit den hier eingesetzten Mitteln erreichen Sie nun wieder das Niveau von 2012, mehr nicht. Die Erhöhung der Exportquote, die Stärkung der Internationalisierung der KMU sowie die Erhöhung des Anteils innovativer Endprodukte aber ist die entscheidende Herausforderung für die Wirtschaftspolitik in unserem Land. Brandenburg mit seinen herausragenden Forschungseinrichtungen und Universitäten, nimmt man Berlin mit dazu, bietet hervorragende Voraussetzungen für innovative, international aufgestellte Unternehmen. Das seit Jahren schlechte Abschneiden des Landes in den Bereichen Export und Innovation ist also hausgemacht. Das betrifft nicht nur die seit Jahren zu niedrigen Mittel für die Internationalisierung unserer Unternehmen, das betrifft alles im Bereich der Wirtschaftsförderung, was nicht gebaut oder gekauft werden kann. Das fängt bei der Bildung an, geht über mangelnde Erfahrung der Führungskräfte und endet beim Fachkräftemangel noch lange nicht. Setzt man aber, wie diese Landesregierung, den Förderschwerpunkt auf die Erweiterung und die Ansiedlung von Unternehmen, geht das komplett am Bedarf vorbei. Unsere Landesregierung produziert zwar einen riesigen Haufen toller Konzepte wie die Innovationsstrategie innoBB, die Clusterstrategie, die Internationalisierungsstrategie, den Aktionsplan ProIndustrie und wie sie alle heißen. Schaut man aber in den Haushaltsplan, wird deutlich wo die Prioritäten wirklich liegen: Neben dem BER vor Allem bei den "Investitionen der gewerblichen Wirtschaft zur Erhaltung, Erweiterung und Neuansiedlung von Unternehmen" mit jährlich 125 Mio. EUR. Die gesamte Titelgruppe Technologieförderung muss sich hingegen mit 6,2 Mio. EUR begnügen, die nichtinvestiven Unternehmensaktivitäten, also zum Beispiel Maßnahmen zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft oder zur Umsetzung von nachhaltigen Unternehmensstrategien, mit lediglich 10 Mio. EUR. Mit dieser Politik wird man allenfalls den Status quo erhalten aber sicher nicht das Land von seiner im bundesvergleich schwachen Position bei den Steuereinnahmen befreien können. Zumal die Probleme der Peripherie, also den Landesteilen, die außerhalb des Berliner S-Bahngürtels liegen, im Haushalt überhaupt nicht abgebildet werden. Gefragt sind hier neue Ansätze, um diesen Regionen eine Perspektive geben zu können. Und um den Bogen zum Anfang meiner Rede zu spannen: Ich bin wie Herr Holzschuher der Meinung, dass wir mit der Umsetzung der Energiewende weltweit Vorbild sein können und müssen - und das nicht zuletzt wegen der enormen Relevanz für unsere Wirtschaft. Was das für die Braunkohle bedeutet, werden wir hier heute ganz sicher nicht das letzte Mal diskutiert haben. Vielen Dank.