Frau Präsidentin, Sehr geehrte Damen und Herren, ich möchte noch mal ein Thema vertiefen, um das es heute vormittag in der Fragestunde schon mal ging: nämlich Gedenkstättenfahrten. Herr Hoffmann hatte darauf hingewiesen, dass sich alle Fraktionen in der letzten Legislaturperiode hierzu auf eine gemeinsame Handlungsempfehlung verständigt hatten. Hintergrund war die gemeinsame Einschätzung, dass SchülerInnen zu wenig über DDR-Unrecht wissen bzw. stärker die Möglichkeit bekommen sollen, sich damit auseinanderzusetzen.
Unter dem Stichwort "3. Gedenkstätten bzw. außerschulische Lernorte" steht hier: "Die Enquete-Kommission 5/1 fordert das Bildungsministerium auf, ein schulübergreifendes Angebot für den Besuch außerschulischer Lernorte zu entwickeln." Und ganz wichtig: "In diesem Zusammenhang sollten die finanziellen und organisatorischen Rahmenbedingungen für Besuche von Gedenkstätten und außerschulischen Lernorten durch Schülerinnen und Schüler verbessert werden. Die Möglichkeit der Abordnung zusätzlicher Gedenkstättenlehrer/innen ist ebenfalls zu prüfen." Eine Kurzfassung hiervon hat es auch in Ihre Koalitionsvereinbarung geschafft. Da heißt es: "Wir streben an, dass jeder Brandenburger Schüler im Laufe seiner Schulzeit wenigstens einmal sowohl einen Gedenkort der Opfer des Nationalsozialismus als auch der SED-Diktatur besucht." Zugrunde lag offenbar auch bei den Koalitionsgesprächen die Einschätzung, dass hier Handlungsbedarf besteht: Zu wenige SchülerInnen besuchen Gedenkorte. Das sehen wir genauso. Der Blick in Ihren Koalitionsvertrag lässt erst einmal den Eindruck entstehen: Sehr gut, diese wichtige Aufgabe wird also angepackt. Bei näherem Hinsehen bzw. Nachfragen stellt sich das aber leider ganz anders dar. Auf dreierlei möchte ich kurz eingehen: 1. Die Antwort auf eine Kleine Anfrage von uns hierzu 2. Unsere entsprechenden Haushaltsanträge 3. Die Antworten von Minister Baaske heute morgen
Wir haben darin gefragt: "Wie ist die in der Koalitionsvereinbarung genannte Vereinbarung zu den Besuchen an Gedenkorten in den neuen Rahmenlehrplänen untersetzt?" Antwort: "Der Entwurf des neuen Rahmenlehrplans für die Sekundarstufe I sieht Besuche außerschulischer Lernorte im selben Umfang wie bisher vor." Das klingt leider nicht nach erkanntem Handlungsbedarf. Sondern nach einem Weiterso wie bisher. So wird es keinen einzigen Gedenkorte-Besuch zusätzlich geben.
Wir haben in Brandenburg 13 Gedenkstättenlehrer, die jeweils für einige Stunden pro Woche Schulklassen in Gedenkstätten und an Gedenkorten betreuen. Sie stehen in kontinuierlicher Verbindung mit den Schulen in der Region und entwickeln Angebote, die für jeweilige Klassenstufen geeignet sind. Sie ersetzen nicht die Geschichtsstunde, können aber in Zusammenarbeit mit den jeweiligen Lehrkräften am authentischen Ort historisches Geschehen besonders anschaulich vermitteln. Von den Gedenstätten wissen wir, dass sie die Anfragen für entsprechende Besuche nicht abdecken können - deshalb haben wir eine Aufstockung beantragt. Das wurde leider abgelehnt. Ebenso abgelehnt wurde unser Antrag zu Fahrtkosten. Zur Erinnerung das Stichwort aus den Handlungsempfehlungen: finanzielle Rahmenbedingungen verbessern. Die Kosten für diese Fahrten müssen derzeit von den Schülern bzw. Schulträgern getragen werden. Analog zum Haushaltsantrag der Koalitionsfraktionen zu Reisen nach Auschwitz haben wir deshalb beantragt, für Reisen zu Gedenkorten des DDR-Unrechts eine finanzielle Unterstützung im Landeshaushalt einzustellen. Auch das wurde abgelehnt.
Noch viel mehr hellhörig haben mich aber die heutigen Äußerungen von Minister Baaske werden lassen: Während in den Handlungsempfehlungen die Prüfung zusätzlicher Gedenkstättenlehrer/innen eingefordert wird, scheint es nun in die entgegengesetzte Richtung zu gehen: Herr Baaske sagte: "Wenn ich die LehrerInnen brauche, werde ich sie abziehen." Kurz gesagt: Aktuell sehe ich leider keinerlei Hinweise darauf, wie die Landesregierung das im Koalitionsvertrag verankerte Ziel einer Stärkung der Gedenkstättenbesuche umsetzen möchte. Es gab aber heute zum Glück auch einige Äußerungen von anderen Kolleginnen hierzu, die mich gleichwohl verhalten optimistisch stimmen, dass wir hierzu noch gemeinsam sinnvolle Vorschläge entwickeln werden. Vielen Dank!