Die sogenannte "Online-Konsultation" zur geplanten Müllverbrennungsanlage am Kraftwerkstandort Jänschwalde geht mit einem Eklat in die nächste Runde. In seiner Stellungnahme zu den Einwendungen bestätigte das Brandenburger Landesumweltamt eine zentrale Befürchtung von Anwohnern: "Es handelt sich nicht um eine Ersatzbrennstoffanlage", heißt es von Seiten der Behörde. "Die Anlage sei der Nr. 8.1 gemäß Anhang 1 der 4. BImSchV zuzuordnen und dient der Verbrennung von Abfällen, die gemäß Antragsunterlagen zur Verbrennung beantragt sind". Damit widerspricht das Landesamt der LEAG-Behauptung, dass es sich bei dem Projekt um eine EBS-Anlage handele. Die Konsultation dauert noch bis zum 21. Dezember 2020.
"Fast alle Abfall-Arten, die sich verbrennen lassen, sind von der LEAG zur Verbrennung in der neuen Anlage beantragt worden - und das ohne jegliche Mengenangabe und ohne Herkunftsnachweise. Auf dieser Grundlage könnten hier 0 Prozent EBS und 100 Prozent Müll verbrannt werden. Entgegen allen Beteuerungen plant die LEAG hier ganz eindeutig eine Müllverbrennungsanlage", kommentiert Heide Schinowsky vom Aktionsbündnis Contra Müllverbrennung die LfU-Einschätzung. Die Liste der zur Verbrennung beantragten Stoffe ist Bestandteil der Genehmigungsunterlagen. Darin werden neben klassischem Siedlungsabfall auch Kunststoffe, Gummi, Lacke, Farben, Arzneimittel, Abfälle aus tierischem Gewebe, aus der humanmedizinischen und der tierärztlichen Versorgung sowie aus der Leder-, Pelz- und Textilindustrie aufgeführt. Insgesamt sind etwa 100 Produktklassen laut der Abfallverzeichnis-Verordnung (AVV) zur Verbrennung beantragt.
LEAG und VEOLIA drohen nun Probleme wegen der geplanten Müll-Importe aus anderen Bundesländern oder auch anderen europäischen Staaten. Der Import von Ersatzbrennstoffen nach Brandenburg ist legal - der von Müll aber nicht. "Unsere Landesverfassung verbietet den Import von Müll", sagt Schinowsky. Dort heißt es: "Die Entsorgung von Abfällen, die nicht im Gebiet des Landes entstanden sind, ist unter Berücksichtigung der Besonderheiten Berlins nur in Ausnahmefällen zulässig". "Eine Begründung für einen Ausnahmefall ist nicht erkennbar. Die Kapazitäten, die der Braunkohlebetreiber mit seiner Anlage bereitstellen will, werden schlichtweg nicht gebraucht", sagt die Jänschwalderin. In einer Online-Pressekonferenz hatten der französische Müllkonzern VEOLIA und der Kraftwerksbetreiber LEAG erklärt, dass 75 Prozent der Brennstoffe für die neue Anlage aus einem Radius bis 250 Kilometer angeliefert werden sollen, u. a. auch aus Dresden und Chemnitz.
Die geplante Müllverbrennungsanlage wird nun auch Thema im Landtag. Gegenüber dem Aktionsbündnis sagte die Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen zu, die Müllverbrennungsanlage im Wirtschaftsausschuss aufzurufen: "Wir werden einen entsprechenden Tagesordnungspunkt beantragen", sagte der ernergiepolitische Sprecher der bündnisgrünen Landtagsfraktion Clemens Rostock.
Das Braunkohleunternehmen LEAG plant, am Kraftwerksstandort Jänschwalde eine der größten Müllverbrennungsanlagen (MVA) Deutschlands zu errichten. Gegen die Pläne gibt es in den umliegenden Dörfern massiven Widerstand. Umfragen zufolge lehnen über 80 Prozent der Anwohner das Vorhaben ab. Die Anlage ist klimaschädlich, überflüssig und konterkariert die Kreislaufwirtschaft. Dazu wäre die Müllverbrennung mit Schadstoffausstoß und einer erheblichen Zunahme des LKW-Verkehrs verbunden. Nach Informationen des LfU gegenüber dem "Aktionsbündnis contra Müllverbrennungsanlage" haben 360 Einwender und Einwenderinnen ihre Kritik an dem Vorhaben geäußert.