Brandenburger Bündnisgrüne besichtigten gestern zusammen mit Vertretern der Bürgerinitiative „Depo-Nie“ in einer zweistündigen Exkursion das Areal der seit Jahren umstrittenen Kies- und Müllgrube „Fresdorfer Heide“. Gegen die Erweiterung des Kiestagebaus und die Errichtung einer Mülldeponie gibt es massiven Widerstand in der Region, die nur wenige Kilometer südlich der Brandenburger Landeshauptstadt liegt. Die Bergrechtsexpertin der Brandenburger Bündnisgrünen Heide Schinowsky hat erheblich Zweifel daran, dass das Vorhaben wie vom Betreiber geplant umgesetzt werden kann.
„Erstmal gibt es eine Atempause für die Region. Grund dafür ist die Entscheidung des Brandenburger Klima- und Umweltministeriums, im Rahmen des neuen Abfallwirtschaftsplans eine sogenannte strategische Umweltprüfung durchführen zu lassen. Das wird Zeit in Anspruch nehmen“, sagte Schinowsky. Eine Ausschreibung dafür hat das Ministerium bereits eingeleitet, wie letzte Woche bekannt wurde.
Das Gebiet der Mülldeponie liegt inmitten von ganz besonderen eiszeitlich geprägten Landschaftsschutzgebieten. „Der Betreiber hat Bergwerkseigentum von der Treuhand erworben, ohne darauf zu achten, dass eine Erweiterung des DDR-Kiestagebaus wegen des bereits vorläufig festgesetzten Landschaftsschutzgebietes von Anfang an höchst konfliktträchtig war“, berichtete die ehemalige Grünen-Europaabgeordnete und Anwohnerin Elisabeth Schroedter. „Mit der umfassenden Umweltprüfung und unter Öffentlichkeitsbeteiligung werden alle Argumente auf den Prüfstand kommen. Die verantwortlichen Brandenburger Landesbehörden sollten hierbei an einem Strang ziehen“, mahnt Schinowsky.
Ein Grundproblem sei zudem, dass das antiquierte Bundesbergrecht, dass die rücksichtslose Ausbeutung von Rohstoffen vor allen anderen Belangen priorisiert. In seinen Grundzügen stammt es noch aus der Nazizeit. „Der Investor hat schon in den Neunzigern das Bergbaurecht weit ausgereizt, um eine Abfallsortieranlage in der Kiesgrube zu betreiben; die Reste wurden illegal unter dem Sand vergraben. Höchst umstritten und in einseitig großzügiger Auslegung des Bundesberggesetzes durch das Landesbergamt in Cottbus dürfen die wiederhervorgeholten Reste des illegalen Abfalls immer noch in der Kiesgrube lagern; das Bergamt unterstützte bisher auch die Deponiepläne der BZR GmbH inmitten des Landschaftsschutzgebietes. Es ist überfällig, das Bergbaurecht endlich zu ändern und nicht weiter das Unternehmerinteresse vor den Umwelt- und Naturschutz zu schieben“, sagte Schroedter.
Unterstützung gibt es in dieser Frage auch aus der Bundespolitik. Die Brandenburger Bundestagsabgeordnete Annalena Baerbock kennt die Debatte um die Fresdorfer Heide im Süden. In einer Vorbesprechung mit Vertretern der Bündnisgrünen sicherte die Kanzlerkandidatin zu, sich im Falle einer Regierungsbeteiligung dafür einzusetzen, das Bergrecht grundlegend zu überarbeiten und sowohl die Rechte von Betroffenen als auch den Umwelt- und Naturschutz zu stärken. Zudem soll der Ausstieg aus dem Kies- und Sandabbau in Schutzgebieten vorangetrieben werden.
Klare Worte findet auch die bündnisgrüne Bundestagskandidatin aus Potsdam-Mittelmark Anna Emmendörffer: "Die weitere Entwicklung des Abfall- und Recyclingsektors muss im Sinne einer nachhaltigen Ressourcennutzung an Kreislauf-Prinzipien ausgerichtet sein. Industrieabfälle sollten nicht mehr wertvolle Flächen wie die in der Fresdorfer Heide belasten.
Im Falle von Eingriffen in die Umwelt muss der nächste Bundestag zudem unbedingt dafür sorgen, dass der in die Natur eingreifende Betrieb nachweist, keinen Schaden anzurichten. Aktuell kämpfen Umweltverbände und Bürger*inneninitiativen noch viel zu häufig in sehr teuren und jahrelangen Klageverfahren z. B. gegen illegale Müllablagerungen und zeigen auf, weshalb Standorte ungeeignet sind. Dies ist nicht der richtige Weg.
Auch lokal kämpfen die Bündnisgrünen: „Alle Fraktionen der Gemeindevertretung Michendorf lehnen geschlossen die Pläne zur Errichtung einer Mülldeponie in der Fresdorfer Heide ab“, sagt Volker Wiedersberg (B90/Grüne), Vorsitzender der Gemeindevertretung Michendorf. „Die Gemeinden Michendorf und Nuthetal verteidigen in diesem Gebiet entschieden ihre betroffene Planungshoheit und erwarten, dass die Kiesgrube in naher Zukunft renaturiert und in das wertvolle Landschaftsschutzgebiet wieder eingegliedert wird“ ergänzt Wiedersberg. Auch die Verbandsversammlung des Wasser- und Abwasserzweckverbandes Mittelgraben beider Gemeinden, in der Wiedersberg Michendorf vertritt, hat sich vor allem im Hinblick auf den Schutz des Grundwasservorrats einstimmig gegen die Errichtung einer Deponie in der Fresdorfer Heide ausgesprochen.
Schinowsky und Schroedter kündigten an, mit dem Brandenburger Landesbergamt in Kontakt treten zu wollen. „Wir brauchen mehr Transparenz im dem Verfahren. Mit dem neuen Präsidenten weht hoffentlich ein frischer Wind in der Cottbuser Landesbehörde“, sagt Schinowsky.