Die Fraktion der Grünen im Europäischen Parlament hat in einer vergleichenden Analyse vom Wuppertal-Institut die EU-Kohleregionen Aragonien, Schlesien, West-Mazedonien und Lausitz untersuchen lassen. Die Studie wurde unter Beteiligung der bündnisgrünen Landtagsfraktion in Potsdam vorgestellt. Demnach fördert die Europäische Union in der aktuellen Finanzierungsperiode 2014 bis 2020 im Rahmen der EU-Strukturfonds in der Region Lausitz 2.658 Projekte mit insgesamt 131,5 Millionen Euro. Davon kann man ca. 72 Mio € - etwa 55% - einer direkten Unterstützung des Strukturwandels zurechnen. Viele Finanzmittel fließen dabei in die Forschung und Entwicklung, Ausbildung, sowie Sozialprojekte. Zu kurz kommen dabei aus Sicht der bündnisgrünen Landtagsfraktion aber der öffentliche Personennahverkehr und die digitale Infrastruktur. Positiv zu bewerten ist, dass nach derzeitigem Stand in der Lausitz keine EU-Mittel verwendet werden, die die Kohlenutzung oder den Bergbau aktiv stärken, so ein Ergebnis der Analyse.
„Der Umgang mit dem Klimawandel ist eine gesamteuropäische Aufgabe. Daher ist es völlig legitim, dass die Kohleregionen finanzielle Unterstützung bekommen, um den kohleausstiegsbedingten Strukturwandel zu meistern“, sagte Ska Keller, Vorsitzende der Fraktion Greens/EFA im Europäischen Parlament. Allerdings brauche es mehr zielgerechte Unterstützung. Die Grünen im Europäischen Parlament würden sich daher für eine Änderung der Förderkriterien stark machen: „Wir brauchen ein spezifisches Programm für den fairen Wandel im Rahmen des EFRE (Europäischer Fond für regionale Entwicklung). Dieses soll eine zielgerichtete Förderung von Kohleregionen beim Kohleausstieg ermöglichen. Dafür braucht es eine genaue EU-Definition für Kohleregionen; nur solche Regionen können auf diese spezielle Förderung zugreifen. In diesen Fällen soll dann ein bestimmter Teil der gesamten EFRE-Fördergelder fest verankert sein“, sagte Ska Keller. „Grundsätzlich ist es positiv zu sehen, dass die EU-Gelder im Sinne des Strukturwandels eingesetzt werden. Allerdings krankt das Verfahren daran, dass es immer noch kein Leitbild für die Zukunft der Lausitz ohne Kohle gibt. Dadurch ist unklar, wohin die Reise gehen soll“, sagte Heide Schinowsky, wirtschaftspolitische Sprecherin der bündnisgrünen Landtagsfraktion: „Wohin das führt, zeigt das Agieren der Landesregierung, die neuerdings bei der EU um die Unterstützung für Bergbaubetreiber in Millionenhöhe wirbt und das der Öffentlichkeit als Maßnahme zur Bewältigung des Strukturwandel verkaufen will. Das ist mehr als kontraproduktiv. Gelder gehören in neue Vorhaben investiert und dürfen nicht dazu dienen, Braunkohle künstlich am Leben zu halten“. Aktuell wirbt die Landesregierung beispielsweise für einen Stromspeicher für den Bergbaubetreiber LEAG sowie für ein Projekt, das den Schadstoffausstoß bei Braunkohlekoks reduzieren soll. „Das sind alles Vorhaben, die das Bergbauunternehmen auch alleine finanzieren könnte. Wir fordern die Landesregierung auf, ihre Unterstützung für die Verlängerung von Braunkohlestrukturen einzustellen“, sagte Schinowsky. Unverständnis herrscht bei den beiden Abgeordneten auch über die Zurückhaltung der Landesregierung gegenüber der Einrichtung einer „EU-Pilotregion für den Strukturwandel in der Lausitz“. Die EU sehe solche Regionen ausdrücklich vor. Die Bundesregierung müsse das nur bei der EU-Kommission beantragen, erläuterte Keller. „Wir brauchen niemanden, der in der Lausitz Angst verbreitet. Genau das tun die Ministerpräsidenten von Brandenburg und Sachsen jedoch seit geraumer Zeit, indem sie den Untergang ganzer Landstriche proklamieren. Was wir brauchen ist eine klare, positiv besetzte Vision für eine Lausitz nach der Braunkohle, durch die die Menschen in der Lausitz eine Idee bekommen, wo es hingehen könnte und die Wirtschaft Planungssicherheit erhält“, sagte Schinowsky. Die Studie im Internet: https://www.gruene-fraktion-brandenburg.de/fileadmin/ltf_brandenburg/Dokumente/Website_Content/Kohleausstieg_und_Strukturwandel__neue_Wege_fuer_Europas_Kohleregionen.pdf